schriftzug

23. September 2006: Tag- und Nachtgleiche

Astronomische Ursachen:

Am 23. September um 5.03 Uhr MEZ überquerte die senkrecht stehende Sonne den Äquator und verließ die Nordhalbkugel bis zum nächsten Frühling. Astronomisch markiert dieser Zeitpunkt den Herbstbeginn, der ebenso wie der Frühlingsbeginn als Tag- und Nachtgleiche oder Äquinoktium bezeichnet wird. An diesem Tag ist es an allen Punkten der Erde 12 Stunden Tag und 12 Stunden Nacht; direkt an den beiden Polen steht die Sonne 24 Stunden lang zur Hälfte über dem (theoretisch flachem) Horizont. Danach beginnt in der Arktis die Polarnacht, in der Antarktis der Polartag. In Göttingen schrumpft die Tageslänge bis zum 21. Dezember noch um 4 Stunden und 12 Minuten.

Meteorologische Folgen:

Meteorologisch tut sich im September ebenfalls Entscheidendes: Im Sommer erwärmt sich die kontinentale Landfläche Europas und Asiens viel schneller und stärker, als die Wasserflächen des Atlantiks. Die aufgeheizte Luft beginnt über dem Kontinent aufzusteigen, am Boden fällt der Luftdruck. In großer Höhe fließt die Luft nach Westen und sinkt über dem kühlen Wasser des Atlantiks wieder ab, am Boden entsteht hoher Luftdruck. Bodennah strömt die Luft nun wieder von West nach Ost zum asiatischen Kontinent, der Kreislauf ist geschlossen. Je größer der Temperaturunterschied von Wasser und Land, desto intensiver ist diese großräumige Strömung. Deshalb ist in Deutschland das Wetter Anfang Juni meist äußerst ungemütlich mit einer Neigung zu Wetterstürzen, Unwettern, Kaltlufteinbrüchen.
Bodendruckkarte
Bernhard Mühr / Wetterzentrale

Jahreszyklus:

Umgekehrt im Winter: Ein riesiges Kältehoch liegt im Osten (oft mehr als 1050 hPa), Tiefdruckgebiete tummeln sich über dem Atlantik. Im September ist nicht nur das Verhältnis von Helligkeit und Dunkelheit ausgeglichen, sondern auch das der Wasser- und Landtemperatur. Die Druckunterschiede und damit die Heftigkeit der Luftbewegung nimmt ab, das Hochdruckgebiet schwenkt über Mitteleuropa nach Osten; Grund für den berühmten Altweibersommer. Diese herbstliche Hochdrucklage ist eine der zuverlässigsten meteorologischen Singularitäten bei uns. Gewöhnlich liefert sie im letzten Septemberdrittel mildes und trockenes Wetter, wie etwa Mitte September 2003 (Höhen- und Bodendruckkarte vom 18. September 2003) und auch in diesem Jahr.

Inversion:

Die Tag- und Nachtgleiche ist auch die Zeit, in der sich Warmluft ohne stärkere Luftbewegung nicht mehr bis zum Boden durchzusetzen vermag. Beispielsweise lagen die Temperaturen in 1.500 Metern Höhe zum Herbstbeginn 2006 bei etwa 15°C, was Bodentemperaturen von mehr als 30°C im Hochsommer nach sich ziehen würde. Trotzdem stieg das Thermometer "nur" bis etwa 25°C. In einigen Wochen wird dann die nächtliche Abstrahlung größer sein als die Erwärmung am Tag. Es bildet sich ein schwerer Kaltluftsee unterhalb leichterer Warmluft, eine klassische Inversion. Die Folge einer solchen Inversionswetterlage ist dann meist Hochnebel mit einer Obergrenze oft zwischen 800 und 1.000 Metern.