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21. Juni: Sommersonnenwende

Astronomische Zusammenhänge:

In diesen Tagen erreicht die Sonne auf der Nordhalbkugel ihren höchsten Stand relativ zum Horizont. In Göttingen steht sie dann in einer Mittagshöhe von 61,6° und scheint theoretische 16 Stunden und 40 Minuten lang. Die Dunkelheit, die von der sogenannten Nautischen Dämmerung begrenzt wird, umfasst dann gerade einmal dreieinviertel Stunden. Die astronomische Dämmerung (Begrenzung der messbaren Helligkeit) wird über einen Zeitraum von zwei Monaten sogar gar nicht mehr erreicht. 1.630 km nördlich von uns geht die Sonne nun nicht mehr unter (Polarkreis), 3.050 km südlich steht sie mittags im Zenit (Wendekreis).
Da der nördliche Wendekreis etwa in der Mitte zwischen Äquator und unseren Breiten liegt, steht die Sonne zur Zeit mittags über Göttingen so hoch wie in Rio de Janeiro, Nairobi oder Jakarta! Mit dem Unterschied, dass die Strahlung bei uns durch den langen lichten Tag deutlich größer ist als in den tropischen Gebieten, wo die Sonne das ganze Jahr täglich nur etwa 12 Stunden zu sehen ist.

Wintersonnenwende - Sommersonnenwende:

Die Bilder sind zu den beiden Terminen der Sonnenwende in Hevensen am Standort der WSG aufgenommen.
Sonneneinstrahlung zur Sommersonnenwende
Andreas Vohl / WSG


Das obere Bild entstand am 20. Juni 13:35 Uhr MESZ, Blick OSO. Der Meridiandurchgang der Sonne ist in Göttingen etwa um halb eins MEZ.
Achten Sie auf die Schatten. Das kleine Haus im Vordergrund ist etwa 4 Meter hoch und wirft bei einem Sonnenhöchststand von 61° einen rechnerischen Schatten von 2,10 Meter. Die Straße wird nur von Gebäuden beschattet, die – wie im Hintergrund – direkt an der Straße stehen.

Sonneneinstrahlung zur Wintersonnenwende
Andreas Vohl / WSG
Das zweite Bild stammt vom 5. Januar und wurde um 12:22 Uhr MEZ aufgenommen.
Das gleiche Gebäude wirft beim winterlichen Sonnenstand von 15° nun einen 14,90 Meter langen Schatten, so dass die Straße nur noch zwischen den Häusern von der Sonne erreicht wird, wie an der Einmündung in der Bildmitte. Erst die gegenüberliegenden Häuser stehen wieder im direkten Sonnenlicht.

Der europäische Monsun:

Während des Sonnenhöchststandes ist die Wärmeeinstrahlung auf dem Land am größten. Über der riesigen Landmasse des Eurasischen Kontinents, also der zusammenhängenden Fläche Europas und Asiens, finden großräumige Hebungsprozesse statt. Die umliegenden Meeresoberflächen erwärmen sich zwar ebenso, jedoch wesentlich träger. Dort, wo die Temperaturunterschiede zwischen Land und Meer am größten sind, bildet sich eine großräumige Zirkulation: Luft steigt über dem Land auf (niedriger Luftdruck), strömt in der Höhe zum Meer, sinkt dort zum Boden ab (hoher Luftdruck) und weht bodennah wieder zum Land zurück (auflandiger Wind).
In Mitteleuropa führt dieses Phänomen zu einer Wetterlage, die wir aus Singularitäten wie der Schafskälte kennen. Sie führt zu einer typischen Witterung im Juni und Juli: Nach einigen schönen und warmen Tagen entsteht über dem Kontinent ein "Hitzetief" mit schwülwarmer Luft und Sommergewittern. Dann überquert uns eine Kaltfront mit heftigen Gewittern und starker Abkühlung. Rückseitig gibt es dann in klarer und kühler Luft windiges Schauerwetter: Der europäische Monsun. Je mehr sich im Laufe des Juli und August die Temperaturunterschiede angleichen, desto größer wird die Chance auf ruhiges Hochdruckwetter ohne Wetterstürze. Statistisch am größten ist sie im September (Altweibersommer).

Subtropenhoch versus Islandtief

Der europäische Monsun wird am nachhaltigsten auf Distanz gehalten, wenn sich das Subtropenhoch der sogenannten Hadleyzelle vom Mittelmeer bis nördlich der Alpen schiebt. Dann weichen die Tiefdruckgebiete nach Norden aus und ziehen über Skandinavien ostwärts.
Da die Hadleyzelle dem Sonnenstand nach Norden und Süden folgt, entscheidet sich meist in den Wochen unmittelbar nach der Sommersonnenwende, ob wir eher im Bereich des Islandftiefs oder des Azorenhochs unseren Sommer verbringen. Der Kaltlufteinbruch, der statistisch der "Entscheidung" vorangeht, ist als Siebenschläferregel bekannt geworden.