schriftzug

18. Januar 2007: Orkantief Kyrill

Lage:

Am 18. Januar kam es mit der Passage des Orkanwirbels Kyrill in ganz Mitteleuropa zu extremen Wettererscheinungen, die europaweit zu schweren Schäden führten und allein in Deutschland mindestens 11 Menschenleben forderten.
Temperatur-Regendiagramm
Andreas Vohl / WSG
Mit sehr hoher Geschwindigkeit verlagerte sich das Orkantief Kyrill über die Britischen Inseln, die Nordsee und Dänemark hinweg zum Baltikum.
Seit Tagen wurde die Zugbahn und die Lage des Starkwindfeldes sehr genau prognostiziert und durch Unwetterwarnungen an die Bevölkerung kommuniziert. Das Starkwindfeld an der Südseite des Orkans überquerte ab den Mittagsstunden Deutschland von West nach Ost.

Verlauf in Göttingen:

Warmfront

Die ersten Ausläufer der Warmfront erfassten Göttingen gegen 2 Uhr nachts. Die im Warmluftsektor eingeschlossene Luft tropischen Urspungs führte auf der einen Seite zu einem für Januar extremen Temperaturanstieg bis zum Nachmittag auf 13,6°C. Im 850 hPa-Niveau (etwa 1500 Meter Höhe) erreichte das Thermometer teilweise bis 10°C!
Auf der anderen Seite enthielt die Luftmasse sehr viel Feuchtigkeit, die sich beim Aufgleiten über die kalte bodennahe Luftmasse gehoben wurde und zu ergiebigen Regenfällen führte: Am Diagramm ist dieser Verlauf sehr gut zu erkennen: Der Regen hörte erst auf, als die Hebung abgeschlossen und die Warmluft sich vollständig bis zum Boden durchgesetzt hatte (jede blaue Regensäule entspricht 0,25 mm).
Gegen 10 Uhr erreichte uns das Starkwindfeld mit Böen zwischen 50 und 80 km/h (Bft. 7-9).

Kaltfront

Die nachfolgende Kaltfront überquerte Deutschland als äußerst markante Unwetterlinie: Zeitweise wurden vom Blitzortungssystem rund 2000 Blitze innerhalb von 2 Stunden registriert. Mehrere Stationen des Messnetzes des DWD meldeten Schwergewitter. Der sogenannte vertikale Impulstransport (Hebung durch die sich unter die Warmluft stürzende schwere Kaltluft) an der Frontlinie genügte, um bis ins Flachland Orkanböen zu verursachen. Um genau 18:21 Uhr erreichte die Kaltfront die WSG: Innerhalb von 10 Minuten sank die Temperatur von 12,8 auf 6,2°C. Das Hebungsgewitter nahm dabei fast sommerliche Züge an,
Windbruch an der Espolde
Andreas Vohl / WSG
innerhalb von Minuten fielen mehr als 12 mm Niederschlag mit einer zeitweiligen Intensität von 162 mm/h. Die begleitenden Böen erreichten 70 km/h.

Rückseite

Der sich auf der Rückseite anschließende sog. Trogsturm führte mit zahlreichen Schauern durchsetzt zu den höchsten Windgeschwindigkeiten bei uns. Zwischen 21 und 23 Uhr erreichten die Spitzenböen immer wieder Bft. 10 ("schwerer Sturm").

Bilanz:

In Deutschland

Gefällte Pappel
Andreas Vohl / WSG
11 Tote, schätzungsweise eine Milliarde € Versicherungsschaden, für Stunden landesweit eingestellter Zugverkehr, Orkanböen im Flachland (z.B. Düsseldorf 144 km/h), ein Tornado in Wittenberg und viel, viel Regen. Sogar im sonst eher trockenen Berlin fielen über 40 mm!

In Göttingen und Umgebung

Windgeschwindigkeiten von bis zu 197 km/h auf dem Brocken und 93,3 km/h an der WSG, 46 mm Regen innerhalb von 8 Stunden, mit 980 hPa den tiefsten Luftdruck seit Beginn der Messungen an der WSG. Schäden gab es vor allem an Schildern, Dachziegeln, Fahnen und Bäumen.